Asterismus - die Sternbildung bei Edelsteinen

Man muß noch Chaos
in sich haben, um einen tanzenden
Stern zu gebären
Nietzsche

Edle Steine, kostbare Präziosen, edles, glänzendes, funkelndes, seltenes, strahlendes und geheimnisvolles Gestein. Tränen der Götter, kristallisierte Blumen der Mutter Erde.

"Sie selbst, die alte Mutter, hat die Edelsteine aus ihrem Herzen geboren. Ein vergangener Frühling hat sie hervor getrieben, als auch die Erdkugel ein Feuertropfen war, glutflüssig brodelnd und sausend. Ihre Rinde erkaltete - mit unvorstellbarer Kraft kämpften die Erdmassen gegeneinander, bäumten sich auf, staffelten Gebirge in die rauchigen Lüfte und knirschten in der heiß-kalten Enge. Aus dieser Vermählung von Heißem und Kaltem, Flüssigem und Festem, aus Druck und Gegendruck erstand der Kristall, wuchs der Edelstein. Er entblutete gleichsam seinem Muttergestein, dem er durch Weltgewalt entrissen wurde. So entstand er, der Zeuge rätselhafter Schöpfungstaten, ein erlauchtes, zauberschönes Geschöpf." 1

Das Funkeln des Brillianten, das tiefgrüne Leuchten des Smaragdes, das blutrote Glühen des Rubins und all die anderen wundervollen Farben der Edel-und Schmucksteine erwecken bei uns sinnliche Begehren.

Neben diesen klassischen Schönheiten erfreuen uns die verschiedenen Lichteffekte bei den Edel- und Schmucksteinen. Einer der geschätzten Lichtphänomene ist der Asterismus, die Sternbildung.

Weitere Lichtphänomene sind: das Opalisieren (z.B. bei Opal), Labradorisieren (z.B. bei Labradorit), Aventurisieren (z.B. bei Aventurin-Quarz), Adularisieren (z.B. bei Mondstein), Irisieren (z.B. bei Feuerachat) und der Farbwechsel (z.B. bei Alexandrit).

Das Lichtphänomen des Katzenaugen -Effekts (Chatoyance) ist dem Asterismus verwandt. Hier ist nur eine Lichtlinie oder ein Strahl zu sehen, verursacht durch Reflexion an nadeligen oder faserigen Einschlüssen, welche im rechten Winkel zu dem Auge der kristallisierten Katze liegen.

Der Asterismus

Bei Asterismus (von griech. Aster = Stern ) handelt es sich um einen Lichteffekt, der bei Edelsteinen dann auftreten kann, wenn diese folgende Eigenschaften erfüllen:

  1. Der Stein muss als Cabochon (franz. Caboche= Nagelkopf) also halbrund, glatt bzw. mugelig geschliffen sein.
  2. Die Natur muss dem Kleinod genügend Einschlüsse - bei den allermeisten Sternsteinen ist es das Mineral Rutil - mitgegeben haben, um einen Stern zu erzeugen.
  3. Diese Einschlüsse müssen orientiert - in Übereinstimmung mit dem Kristallsystem - eingelagert sein.
  4. Es braucht parallelstrahliges Licht, wie eine Punktlichtquelle ("spotlight") oder noch besser: die Sonne, um eine Stern zu erzeugen. Bei diffusem Licht oder normalem Tageslicht erscheint kein Asterismus, es sei denn, der Stern ist außergewöhnlich stark ausgeprägt.

Die Ceylonesen sagen, das die Sternsaphire unter "der Sonne Sri Lankas am Schönsten strahlen".

Ja, der Stern. Wo befindet er sich eigentlich ? Im Stein drin ? Auf der Oberseite des Steines ? In der Wölbung des Cabochons ? Haftet er an der Oberfläche Tanzend scheint er schemenhaft und schwerelos über die Oberfläche hinweg zu schweben.



These days, the stars are out of reach.
Bon Jovi

Die Einschlüsse

Es gibt Edelsteine mit 4-strahligem, 6-strahligem, 12-strahligem, 18-strahligem und sogar 24-strahligem Stern. Äußerst selten sind Doppelsterne, parallele Sterne, 2 Sterne nebeneinander usw. Ungefähr 80 % aller Sterne sind 6-strahlig, ca. 18 % sind 4-strahlig, die restlichen 2 % verteilen sich auf die obigen sehr seltenen Varianten.

Der Stern wird also durch Streuung an parallelen, nadeligen oder nadelähnlichen Einschlüssen eines fremden Minerals erzeugt. Bei Sternrubinen und Sternsaphiren ist es Rutil, in geringerer Menge auch als "Seide" bekannt. Diese Rutilnadeln sind in drei verschiedenen Richtungen orientiert angeordnet und bilden miteinander einen Winkel von 60 O. Jedes System dieser Linien für sich erzeugt seine eigene Lichtlinie, die drei Systeme also drei Lichtlinien, die einen dreistrahligen bzw. einen sechsstrahligen Stern erzeugen. Das Punktlicht oder Sonnenlicht wird von diesen Einschlüssen zum Auge des Betrachters zurückgeworfen und erscheint so als ein wunderschöner Stern.

Desto enger die Nadeln gepackt und desto länger sie sind, desto schärfer ist der Stern.

Welche Kriterien sind für den Stern wichtig? bzw. welche zeichnen einen feinen Sternstein aus ?

  1. Der Stern soll sich kontrastreich von der Farbe des Steines abheben.
  2. Die Strahlen des Sterns sollen scharf ausgeprägt und gerade sein, und von Rundiste zu Rundiste reichen.
  3. Die Farbe des Edelsteins soll intensiv, lebhaft und nicht stumpf sein.
  4. Der Stern soll sich in der Mitte des Cabochons und nicht auf der Seite befinden.
  5. Der Sternstein soll in guten Proportionen geschliffen sein, d.h. kein zu flaches Oberteil und kein zu dicker Unterkörper.
  6. Bei dem Stern sollen alle Strahlen komplett vorhanden sein.

Das Schleifen eines Sternsteines ist für den Edelsteinschleifer eine gewaltige Herausforderung. Die Schwierigkeit besteht darin, die richtige Orientierung des Rohsteines vor dem Schleifen zu finden. Es ist einfacher, wenn noch Kristallflächen zur Orientierung vorhanden sind. Meistens, z.B. bei den Korunden, liegt der Stern senkrecht zur c-Achse des Kristalls. Die Idar-Obersteiner Edelsteinschleifer bezeichnen die Suche nach der richtigen Orientierung im Rohstein als die Suche nach dem "richtigen Dreh".

Geschichte

Schon in der Antike gab es Hinweise auf Sternedelsteine.

Der erste Gelehrte, der Asterien beschrieb, war Dionysius Periegetes um das Jahr 19 v. Chr. Er erwähnte, dass " sich der schöne Stein Asterius, der wie ein Stern glänzt, in dem Gebirge Pallenes findet".

Der berühmte römische Naturwissenschaftler und Schriftsteller Plinius der Ältere (ca. 23 bis 79 n. Chr.) erwähnte im 37. Buch (Edelsteine) seiner Historia Naturalis Sternedelsteine. Er schrieb: "Die Asterie ist weißlich, hat in sich einen wandelnden Lichtschein: sie gibt gegen die Sonne gehaltenen Strahlen wie ein Stern, woher ihr Name."

Im spätmittelalterlichen Hortus Sanitatis (Deutsch von 1485: Garten der Gesundheit) steht im Kapitel über Mineralien: "Der nechst vnder den gleschenden vnd glissenden steinen ist Asteria / von natur die Oberkeit habend".

Sternsteine hatten in Deutschland (nach De Boot) während des 17. Jahrhunderts den Ruf als Siegstein ("Victory stone").

Die deutschsprachige Neuzeit wurde von Bauer mit der 1.Auflage der "Edelsteinkunde" im Jahre 1897 eingeleitet. Dort wurden Sternrubin, Sternsaphir, Sterngranat und Stern-Rosenquarz beschrieben.

1932 erwähnte Schlossmacher Sternberyll, und 1955 Switzer den Sternspinell. Im Laufe der letzten 50 Jahre wurden über 40 ! weitere Sternsteine und Trapiche-Sterne veröffentlicht. Der allerneueste Sternstein, der das Licht der Edelsteinwelt erblickt hat, ist im Jahre 2009 der Stern-Apatit, veröffentlicht beim GIA in Amerika von Steinbach und Bruder.

Mystik & Mythen

Die Legende sagt, daß die drei Strahlen des Sternsaphirs Glaube, Hoffnung und Schicksal symbolisieren.

In früheren Kulturen glaubte man, daß in Sternsaphiren Dämonen oder Engel des Lichtes wohnen. Weil die Sternsteine in der Nacht dunkel wurden bzw. keinen Stern mehr zeigten, wurde angenommen, dass diese Fantasien des Lichtes schlafen würden, genau so wie die Menschen.

Weiterhin ist überliefert, das Sternsteine zum Schutz gegen böse Geister und Angreifer getragen wurden. Sie sind machtvolle Geister in der Welt der Schamanen.

Der berühmteste und allerschönste Sternrubin der Welt, der sagenhafte Rosser-Reeves-Sternrubin mit stolzen 138,70 Karat wurde nach seinem Besitzer, dem Werbemogul Rosser Reeves benannt. Es ist überliefert, das Herr Reeves den Stein als Glücksstein in der Hosentasche trug, um, wie er sich ausdrückte, "etwas zum Befingern zu haben" und Herr Reeves bezeichnete diesen unglaublichen Sternrubin als sein "Baby".

Das erste Prominentenpaar Hollywoods waren die Filmstars Douglas Fairbanks und Mary Pickford, der "großartige Held" und "Amerika's Sweetheart". Pickford trug in ihren zahlreichen Filmen stets eine Perlenkette, welche ihr das Image von Unschuld verlieh. Im wirklichen Leben war sie jedoch von edlen Steinen angetan. 1920 bekam sie den fantastischen Sternsaphir Star of Bombay von Douglas Fairbanks als Hochzeitsgeschenk überreicht.

Der Star of Bombay ist einer der größten und schönsten Sternsaphire der Welt. Er ist oval, seine Farbe ist ein violettes Blau und er wiegt sensationelle 182 Karat. Untersuchungen von Fryer und Koivula (1986) belegten, das der Star of Bombay aus Sri Lanka kam und nicht aus Indien, wie der Name assoziieren könnte.

Douglas Fairbanks und Mary Pickford wurden auf ihrer Hochzeitsreise in London und Paris von Menschenmengen bis zu 300.000 Leuten bejubelt, und die beiden wurden zu Hollywoods ersten absolutem Traumpaar. Brad Pitt und Angelina Jolie lassen grüßen.

Und Buddha sprach: Gebet mir eine Lotusblüte und einen Stern vom Himmel, und lasset mich einen Sternsaphir gestalten. Schön und selten soll er sein und Sternpadparadscha genannt werden.
MPS

Weitere berühmte Stern-Edelsteine:

Die berühmtesten Sternrubine sind neben dem Rosser-Reeves-Sternrubin>, der De-Long-Sternrubin mit 100,32 Karat, der Eminent-Sternrubin mit sagenhaften 6.456 Karat, der Ecce-Homo-Sternrubin mit gravierten 2890 Karat, der Rajaratna-Sternrubin mit 2475 Karat. Der größte zwölfstrahlige Sternrubin ist der Neelanjali-Sternrubin mit unglaublichen 1370 Karat.

Neben dem erwähnten Star of Bombay Sternsaphir sind die bekanntesten Sternsaphire:

Der feinste in Farbe und Qualität der großen geschliffenen blauen Sternsaphire ist der 563.35 Karat schwere, aus Sri Lanka kommende, weltberühmte Star of India. Berühmt sind weiterhin der Star of Ceylon mit 101,01 Karat, der Star of Asia mit außergewöhnlichen 330 Karat (siehe Foto), der violette Midnight-Star mit 116,75 Karat. Der Black Star of Queensland ist der größte bekannte schwarze Sternsaphir der Welt. Er wiegt 733 Karat und seine Maße betragen 55.6 mm x 46.8 mm x 26.2 mm

Wo befindet sich der größte Sternstein ?

Die kleinsten Sternsteine sollten 0,5 Karat wiegen oder ab 4 mm groß sein, damit man die 4 oder 6 Strahlen überhaupt sehen kann.

Sternsaphire und Sternrubine sind von kleinen Besatzsteinen unter einem Karat im blauen, rosa und rotem Bereich bis zu 60 karätigen Steinen groß. Bei opaken Sternsaphiren aus Burma, Indien oder Thailand, meistens in grau, schwarz oder braun sind Größen bis zu 300 Karat, bei indischen Sternrubinen sind sogar Größen von 1000 Karat möglich.

Der einsame Sternsaphir, der Lone Star Sapphire, wurde in der Ausgabe des Guiness Buch der Rekorde im Jahr 1995 als größter geschliffener Saphir der Welt mit einem Gewicht von 9.719,50 Karat (fast 2 kg) aufgeführt.

Bekannt ist, dass der Lone Star von einem Schleifer namens John Robinson aus Dallas in Texas/USA im November 1989 geschliffen wurde. "Lonely", einsam, besser: nicht vorhanden - sind leider auch weitere Angaben zu diesem Edelstein.

Die Frage nach dem größten Sternstein aller Edelsteine überhaupt, the Top-Star of all Stars, ist spannend: es wird wohl Sternrosenquarz in kugeliger Form sein, wahrscheinlich aus Madagaskar, eventuell aus Brasilien (siehe auch Box A). So ist das, mit den Stars.

Die wichtigsten Fundgebiete der Edelsteine mit den geheimnisvollen Sternen sind:

  • Brasilien, z.B.: Sternaquamarin, Sternberyll, Sternquarz, Sternrosenquarz
  • Burma (Myanmar), z.B.: Sternkornerupin, Sternperidot, Sternrubin, Sternsaphir
  • Indien, z.B.: Sternbronzit, Sterndiopsid, Sternmondstein, Sternrubin
  • Madagaskar, z.B.: Sterncordierit, Sterngranat, Sternsaphir, Sternsmaragd
  • Tansania, z.B.: Sternalmandin, Sternenstatit, Sternmondstein, Sternskapolith
  • und Sri Lanka, z.B: Sternekanit, Sternrubin, Sternsaphir, Sternspinell

Sternsteine, welchen einen feststehenden, unbeweglichen Stern zeigen, werden als Trapiche-Sterne bezeichnet. Die Bekannteren sind: Trapiche-Smaragd, Trapiche-Rubin, Trapiche-Saphir und Trapiche-Turmalin.

BOX (Kasten) A:

Die bzw. meine größten Sternedelsteine in dieser Ausstellung:

In der Ausstellung sind u.a. ein Sternrubin von 1100 Karat, ein Sternquarz von 6175 Karat, ein Sterngranat von 18.000 Karat (3,6 kg), einer der größten bekannten schwarzen Sternsaphire von 266 Karat und einer der größten bekannten schwarzen Sterndiopside von 739 Karat zu sehen.

Wieviel kosten Sternedelsteine ?

Ungefähre Preise für gängige Steine:

  1. Sternrubine 4 €/ct bis 100.000 €/ct
  2. Sternsaphire
    1. blau 40 €/ct bis 4.000 €/ct
    2. grau 5 €/ct bis 300 €/ct
    3. schwarz 5 €/ct bis 150 €/ct
    4. golden 50 €/ct bis 400 €/ct
  3. Sterndiopside 5 €/ct bis 20 €/ct
  4. Sterngranate ab 50 € per Stein
  5. Sternspinelle ab 40 € per Stein
  6. Sternquarze ab 20 € per Stein, usw.

Zum Schluß möchte ich noch kurz auf die Situation der synthetischen Sternsteine und der Sternstein-Imitationen eingehen.

Falls Ihnen ein Sternrubin oder ein Sternsaphir "zu schön" (Farbe ¨ Stern) oder preislich "viel zu günstig" erscheint, dann könnte es sich um ein synthetisches Produkt nach dem Verneuil-Schmelztropfverfahren handeln. Diese Synthesen werden seit 1947 hergestellt und kommen quasi in allen Farben vor.

Doubletten mit synthetischem Sternsaphir oder Sternrubin als Oberteil und natürlichem Sternsaphir als Unterteil existieren, spielen aber kommerziell keine Rolle. Viel gefährlicher sind die seit ca. 10 Jahren verstärkt auf dem Markt erscheinenden diffusionsbehandelten blauen Sternsaphire. Bei diesen Sternsteinen handelt es sich um günstiges natürliches Sternsaphir-Material meistens aus Thailand, in welches sowohl der zu scharfe Stern als auch die in allen Blautönen vorkommende Farbe in den Stein eindiffundiert worden sind.

Martin P. Steinbach, Gems with A star




1 Das kleine Buch der Edelsteine. Leipzig: Insel-Verlag, o.J., S. 26